Eine Karriere an der Hochschule oder in der Wirtschaft? Viele Absolvent*innen stehen nach dem Abschluss vor dieser Entscheidung. Auch Lukas Bader war hin- und hergerissen. Jetzt arbeitet er – Tandemprogramm sei Dank – sowohl an der TH Köln als auch bei der August Rüggeberg GmbH. Davon profitiert nicht nur er, auch die Hochschule und das Unternehmen haben Vorteile von der engen Zusammenarbeit.
Kurz vor seinem Masterabschluss stand Lukas Bader am Scheideweg: Sollte er an der Hochschule bleiben, eine wissenschaftliche Karriere verfolgen – und riskieren, den Kontakt in die Industrie und zu den Entwicklungen in der Wirtschaft zu verlieren? Oder eine Vollzeitstelle in einem Unternehmen antreten und damit vielleicht die Freiheit einbüßen, Dinge einfach mal ausprobieren zu können? Zum Glück gab es noch eine dritte Option: Seit Mai 2022 arbeitet Lukas Bader sowohl beim Werkzeughersteller August Rüggeberg als auch beim Institut für Data Science, Engineering, and Analytics (IDE+A) der TH Köln.
Das Beste aus beiden Welten
Möglich macht es das Tandemprogramm. Es qualifiziert Wissen-schaftler*innen früher Karrierestufen akademisch und berufspraktisch. Teilnehmer*innen sind sowohl bei einem außerhochschulischen Partner als auch an der TH Köln angestellt. Dieser Weg reizte Lukas Bader. „Ich habe schon während meines Studiums immer parallel in der Industrie gearbeitet, als Werksstudent oder während meines Praxissemesters“, sagt Bader. „Deshalb fand ich es interessant, beide Seiten weiterhin kombinieren zu können.“
Die Interessen der Hochschule und des Unternehmens ergänzen sich dabei gut: „Ziel bei Rüggeberg ist es, datengetrieben Marktpotenziale für verschiedene Produkte zu ermitteln. Das heißt, wir sammeln externe Wirtschaftsdaten und verknüpfen diese mit internen Unternehmensdaten, um daraus Entscheidungshilfen für die unterschiedlichen Abteilungen abzuleiten“, erklärt Bader. „Und an der Hochschule geht es darum, verschiedene Methodiken oder Ansätze, die Stand der Technik sind, zu verstehen und anzuwenden.“ Im Arbeitsalltag vermischen sich die Aufgabenbereiche. „Eigentlich bin ich drei Tage pro Woche bei Rüggeberg und zwei Tage an der TH Köln“, so Bader. „Es ist aber nicht so, dass ich an der Hochschule nur Abschlussarbeiten betreue oder Übungen gebe. Ich bereite auch mal bei Rüggeberg meine Übungen vor oder arbeite an der Hochschule für das Unternehmen.“
Von dieser Vermischung profitieren auch die TH Köln und Rüggeberg. „Für die Hochschule ist es von Vorteil, Zugriff auf reale Problemstellungen aus einem Unternehmen zu haben, denn viele unserer Studierenden wollen bewusst nah an der Praxis sein“, sagt Dr. Dietlind Zühlke, Professorin für Angewandte Mathematik am IDE+A und hochschulseitige Betreuerin von Lukas Bader. „Und für mich als Professorin ist es immer wieder bereichernd zu sehen, wo und wie in der realen Welt unsere Methoden einsetzbar sind.“ Rüggeberg auf der anderen Seite bleibt durch den Kontakt zur Forschung am Puls der Zeit: „Lukas hat die Freiräume, Sachen auszuprobieren, kleine Pilotprojekte zu starten und zu analysieren, welchen Mehrwert die Ergebnisse in den unterschiedlichen Abteilungen haben könnten“, erklärt Dr. Ina Terwey-Scheulen, Director Global Marketing & Product Management bei Rüggeberg und auf Unternehmensseite für Lukas Bader zuständig. „Außerdem öffnen wir durch die Kooperation die Tür für die Zusammenarbeit mit Studierenden. Durch Studienarbeiten können wir uns mit Themen befassen, für die es manchmal an der Zeit fehlt oder die wir noch nicht auf unserer To-do-Liste haben.“
Herausforderungen begegnen
Bei allen Vorteilen bleibt das Tandemprogramm aber auch nicht ohne Schwierigkeiten. „Es ist nicht leicht, alle Verantwortlichkeiten unter einen Hut zu bekommen und alles zu koordinieren“, sagt Lukas Bader. „Außerdem fordert mich das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen, da in meinem Studium oftmals die Praxis im Vordergrund stand. Die ersten wissenschaftlichen Paper zu veröffentlichen, wird eine Herausforderung sein.“ Dietlind Zühlke ergänzt: „Die Themen unserer Veröffentlichungen müssen sowohl unternehmensrelevant als auch für ein wissenschaftliches Journal oder eine Konferenz geeignet sein. Das ist eine Gratwanderung.“ Außerdem gibt es Optimierungspotenzial bei der Datenqualität. „Da haben wir noch Hausaufgaben zu machen“, sagt Ina Terwey-Scheulen. „Da wir Daten aus allen Abteilungen des Unternehmens nutzen, liegt das nicht immer in unserem eigenen Verantwortungsbereich und wir müssen andere dafür gewinnen, hier aufzuräumen.“
Ob das klappt? Da sind alle zuversichtlich. Das oberste Ziel ist es, 2024 eine Datengrundlage zu schaffen, auf die Algorithmen angewendet werden können. „Das wird bis Mitte des Jahres ein ziemlicher Kraftakt“, gibt Dietlind Zühlke zu. „Aber dann können wir in der zweiten Jahreshälfte davon profitieren.“
Über das Personalgewinnungskonzept „PLan_CV“
Das Tandemprogramm ist ein Baustein des Projekts PLan_CV („Professur-Laufbahn an Hochschulen für angewandte Wissenschaften neu denken: Collaboration und Vernetzung“). Es soll exzellentes Personal für Professuren an der TH Köln gewinnen und eine bessere Durchlässigkeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft erreichen. Das Projekt wird im Rahmen des Programms zur Förderung der Gewinnung und Qualifizierung professoralen Personals an Fachhochschulen mit 12,4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.